(Nicht-) Vorbereitung auf die feierliche Zeit
Auch wenn ich in den vergangenen Jahren dachte, dass es nicht noch schwerer werden würde, mich in eine besinnliche Stimmung vor Weihnachten zu versetzen, so ist es dieses Jahr noch einmal ein ganzes Stück schwieriger. Seit Wochen denke ich darüber nach, woran das liegen könnte.
Einerseits ist es sicher meine persönliche Situation, die mir gar nicht den Raum lässt, inne zu halten, aber das alleine ist es nicht. Ich nehme auch rund um mich herum dieses Jahr noch viel weniger wahr, dass die Menschen sich vorbereiten auf eine Zeit, die eine gewisse Besinnlichkeit und Freude mit sich bringen sollte. Alles ist schnell, ist dominiert vom Zeitgeschehen.
Und wieder komme ich zu dem Schluss, dass die mediale Präsenz und oft zeitgleiche Berichterstattung eher Fluch denn Segen ist. Wir schaffen es nicht mehr, uns auf uns selbst zu besinnen, sondern sind gesteuert von Emotionen zu und über Ereignisse, über die wir vor einigen Jahren wahrscheinlich gar nichts erfahren hätten.
Und ich wage nicht zu urteilen, ob dies nun grundsätzlich gut oder schlecht ist. Aber ich glaube, es verlangt von uns eine klare Positionierung, womit und wodurch wir uns beeinflussen lassen möchten.
Und eines ist sicher: Das ist viel leichter gesagt als getan. Auch wenn ich diese Sätze gerade geschrieben habe, so lebe ich sie selbst auch nur in Ansätzen. Ständig tauchen Informationen auf, die mich in seelische Bewegung bringen. Ich empfinde Trauer, Mitgefühl oder Ärger. Manchmal natürlich ist auch Freude dabei.
Aber es sind Gefühle, die nicht aus meinem persönlichen Erleben entstehen, sondern sie entstehen, indem ich auf Ereignisse schaue, die irgendwo auf der Welt geschehen. Immer schwieriger macht es dies, eine innere Mitte zu finden, von der aus ich ruhig auf diese Ereignisse blicken kann. Meistens entstehen in mir Impulse etwas tun zu müssen, mich einsetzen zu müssen, Lösungen zu finden. Das ist unglaublich anstrengend.
Und schon seit Monaten hoffte ich, dass der Advent so etwas wie eine Entschleunigung bringen könnte, aber ich merke davon nichts. Vielleicht weil er sie nicht bringt. Aber viel wahrscheinlicher ist, dass – selbst wenn er sie brächte – ich gar nicht in der Lage wäre, empfänglich zu sein.
Wie kommt man aber denn nun zu dieser – doch von vielen gewünschten – Empfänglichkeit? Wir sind ja bis zu einem gewissen Grad darin gefangen, dass wir ständig Neuigkeiten und Erkenntnisse verarbeiten müssen. Dazu kommt, dass ja tatsächlich in vielen verschiedenen Systemen so Vieles falsch läuft und es reale Gründe gibt, darüber nachzudenken und unter Umständen auch etwas dagegen bzw. dafür zu tun.
Vor einigen Jahren noch, so kommt es mir heute zumindest vor, stellte sich mit Beginn des Advents eine Grundstimmung ein, die in eine besinnliche Richtung ging. Aber vielleicht ergeht es mir hierbei auch, wie vielen älteren Menschen (Neeeiiiin!), dass ich Dinge, die früher waren, heute verklärt betrachte. Eine Prophezeiung meiner Oma ist auf jeden Fall eingetroffen: Ich habe das Gefühl, dass die Zeit umso schneller vergeht, je älter ich werde. Warum also sollte ich nicht auch der Verlockung anheim fallen, auch die Vergangenheit durch die Verklärung zu betrachten? Das wäre ja nur logisch.
Will ich das? Nein! Das will ich nicht. Somit steht also fest, dass ich persönlich über kein objektives Instrumentarium verfüge, zu erfahren, ob sich tatsächlich die Zeitqualität verändert hat. Ich kann es nur nach gegenwärtigem subjektivem Empfinden beurteilen. Und da war es wieder mein Problem…siehe oben…
Okay. So kommt keiner weiter. Was ist also zu tun? Wie wird es möglich sein, sich auch in diesem Jahr, in einer Zeit, in der wir von Informationen jeglicher Qualität überflutet werden, im Advent auf eine Zeitenwende vorzubereiten. Diese Zeitenwende kann – je nach eigenem Hintergrund – darin begründet sein, dass wir die Geburt des Messias, das neue Jahr am 21.12. oder einfach die Schwellensituation der Rauhnächte feiern und würdigen.
Und vielleicht liegt gerade darin der Hund vergraben, dass ich so einen Anspruch habe, dass diese Zeit etwas Besonderes sein MUSS. Vielleicht könnte es auch einfach eine Zeit sein, wie jede andere auch. Schon alleine das Schreiben dieser Worte fällt mir schwer. Ungern lasse ich von meiner Hoffnung ab, zumindest einen Teil des Jahres in einer positiven „Ausnahmesituation“ leben zu dürfen.
Vielleicht ist es aber so, dass das Besondere dann Einzug halten könnte, wenn es nicht mehr herbei „gefordert“ wird, sondern einfach kommen darf – oder eben nicht.
Da ich ansonsten keine Lösung anzubieten habe, werde ich es einfach ausprobieren. Ich nehme mir also jetzt, am Samstag Morgen vor dem dritten Advent einfach vor, dass ich aufhöre, eine Stimmung herbeizuwünschen, die sich einfach momentan nicht einstellen will. Vielleicht ist das eine ganz neue Erfahrung.
In diesem Sinne wünsche ich allen, die vielleicht besinnlicher sein können – oder auch nicht – einen schönen dritten Advent!
Danke liebe Manu, mir geht´s ganz genauso wie Dir – ich hab grad vor ein paar Tagen daran gedacht, dass ich es in früheren Zeiten viel inniger, viel stiller in mir empfunden habe – eine richtige Ankündigungs-Erwartungsstimmung war das und das war Jahr für Jahr sehr besinnlich. Und ich glaube auch, dass es sehr viel mit der Überschwemmung von Äußerem zu tun hat – vielleicht ginge es ja darum, in dieser Zeit eine Medienkarenz einzuhalten, um in sich zu kommen. Auch finde ich es gut, den Anspruch zurück zu nehmen, allerdings weiß ich nicht ob ich das will :-))
Danke liebe Beatrix, ja, ich weiß es ja auch nicht wirklich, aber ich sehe gerade keine andere Möglichkeit. 🙂
….und mir gefällt der Gedanke des subjektiven Advents einfach ungemein. Warum nicht dann, wenn ich merk, dass es für mich gerade jetzt Zeit wäre, innezuhalten?
alles Liebe
Ja, das ist ein guter Gedanke. Warum nicht?
Danke für den Kommentar.
Liebe Grüße
Manuela