Worte, die wir sprechen

Gerade bereite ich einen Vortrag zum Thema „Sprache“ vor und bin erschüttert über das, was ich bei meiner Recherche so finde. Nicht, dass ich das nicht alles schon einmal gehört, oder dass ich mich nicht schon einmal damit beschäftigt hätte, aber wenn die Information so geballt ins Bewusstsein tritt, ist es wie ein Keulenschlag.

Unsere Zeit spricht rückhaltlos. Offenheit und ungeschönte Wahrheit ist eine Tugend und wird sowohl in der Medizin als auch in der Pädagogik angewandt. Aber wer bestimmt, was Wahrheit ist? Wenn wir einem Patienten sagen, dass er sterben wird, ist das zwar einerseits sehr ehrlich, weil wir – nach den derzeitigen Erkenntnissen davon ausgehen können – aber wir setzen im Menschen selbst ein Ablaufdatum. Dies wiederum lässt völlig außer Acht, dass es solche Dinge wie Spontanheilungen oder andere Phänomene ebenfalls gibt. Die meisten Patienten sind brav und versterben auch innerhalb der ihnen gesetzten Frist. Jetzt lässt sich natürlich nicht mehr nachprüfen, ob dies ebenfalls geschehen wäre, wenn wir die Frist länger gesetzt oder sogar Hoffnung zugesprochen hätten. Und sicherlich ist es auch nicht so, dass alles bei jedem so wirkt. Aber es ist erschreckend, wie unsensibel wir damit umgehen.

Ebenso ist es in der Pädagogik. Vor einiger Zeit habe ich gehört, wie eine Mutter im Beisein ihres Kindes sagte, dass dieses Kind ein verhaltensauffälliger Nerd sei. Was bleibt dem Kind, das ja grundsätzlich alles richtig machen will über, als genau dieses Verhalten an den Tag zu legen, das ihm wahrscheinlich sehr häufig in seinem Beisein zugesprochen wird.

Oder Lehrer, die Kinder vor der ganzen Klasse bloßstellen. Oder Eltern, die ihren Kindern immer wieder sagen, wie unmöglich sie seien. Oder man selbst, der ständig ebenfalls Unbedachtes ausspricht.

Ich bin gerade sehr froh, dass ich mir dieses Thema für meinen nächsten Workshop und Vortrag herausgesucht habe. Denn es betrifft uns alle. Und es hat eine Tiefe, die mir anfangs gar nicht bewusst war. Vor lauter Schreck habe ich das Vortragsdatum gleich mal einen Monat nach hinten geschoben – von Februar auf März – weil ich vermute, dass es noch eine Menge zu recherchieren gibt.

Liebe Grüße

Manuela

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